Die Vrase ist eine Virtual- und Augmented-Reality Brille für Smartphones, welche im Oktober 2013 auf Kickstarter angeboten wurde. Anvisiert worden waren als Ziel 55.000 britische Pfund, geworden sind es dann knapp 66.500 dank 780 Unterstützer.
Seit dem ist es wieder ruhiger geworden um das Projekt von Louise Bankhead von der Universität Edingburgh, die als verantwortliche Produktmanagerin gezeichnet hat. Es wurden seit dem Ende der Kampagne eine Reihe von Mails mit Updates verschickt, die Einblicke in die Produktentwicklung enthielten. So wurde etwa ein Terminplan für die Produktion skizziert mit der Zusage, die fertigen Brillen ab ende Februar bis Anfang März an die Unterstützer versenden zu wollen. Ich hatte dank eines direkten Kontaktes zu einem der Projektverantwortlichen Anfang Februar allerdings das Glück, einen Prototypen zugesandt zu bekommen. Dieser entspricht ausdrücklich noch nicht dem finalen Design, hilft aber eine Vorstellung davon zu bekommen. Grund genug also, sich das Ganze für Bloculus näher anzusehen.
Der hier getestete Prototyp der Vrase ist eine geschraubte und geklebte Version aus dem 3D Drucker und besteht zum größten Teil aus schwarzen Kunststoff. Zwei großen Glaslinsen sind für die Sicht zuständig und das obligatorische schwarzen Gummiband dient wie gehabt zur Befestigung am Kopf. Das war es auch schon, mehr Materialien sind nicht verbaut, die Brille enthält also keinerlei Elektronik. Konzeptionell ist die Vrase somit vergleichbar zur Durovis Dive – das Smartphone wird zur Nutzung in eine Halterung an der Frontseite eingeschoben, und man schaut durch die Linsen auf das Display, welches dank spezieller Apps und den Sensoren des Smartphones die virtuelle Welt berechnet.
Allerdings hat die Vrase, anders als die Durovis Dive, ein rundum geschlossenes Gehäuse. Das hat den großen Vorteil, dass beim Tragen kein Licht von außen eindringt – dies erhöht deutlich die Immersion für den Betrachter. Der damit einhergehende Nachteil ist aber auch, dass man das Display des Smartphones nicht mehr bedienen kann, einfach weil man nicht mehr drankommt. Auf dem Handy muss also schon die zu sehende VR-Applikation richtig laufen, bevor man es in die Brille einschiebt. Läuft irgendetwas schief, oder will man die App wechseln, so muss die Brille abgenommen und das Smartphone wieder aus der Halterung genommen werden.
Das nervt gewaltig, ist aber ein konzeptionelles Problem aller Smartphone-VR-Brillen: Es bräuchte einen Weg, Smartphones drahtlos zu bedienen. Zwar empfiehlt der Hersteller der Vrase ein über Bluetooth verbundenes Gamepad zur Steuerung von Spielen, aber damit liesse sich nicht durch das Betriebssystem des Smartphones navigieren, etwa um eine andere App zu starten. Die Vrase hat immerhin den Vorteil, oben und unten an der Halterung für das Smartphone Öffnungen zu haben, sodass man die Lautstärke-Taster an der Seite des Handys bedienen kann – theoretisch zumindest, denn braucht schon sehr dünne Finger oder einen Stift, um durch den Schlitz an die Schalter zu kommen. Abhilfe in puncto Lautstärkenkontrolle schaffen hier zumindest drahtlose Bluetooth-Kopfhörer oder solche mit eingebauter Lautstärkenregelung wie für das iPhone.
Da jedes Smartphone andere Abmessungen hat, gibt es die Vrase in verschiedenen Ausführungen – ihr Einschub ist an das jeweilige Handy angepasst. Aktuelle Modelle von iPhone 5 über das HTC One, Note 2 bis hin zu Samsung Galaxy S3 und S4 werden unterstützt. Sollte das eigene Phone immer noch nicht dabei sein, so gibt es auch noch die Option eines Universaladapters. Beim Kauf der Vrase muss man also genau darauf achten, welches Smartphone-Ausführung man bestellt. Sollte man später das Handy wechseln, so hat man leider das Nachsehen und muss sich eine neue Vrase kaufen.
Die Anpassung der Linsen ist hingegen mit einem adaptiven System erfreulich besser gelöst als bei der Durovis Dive: Die Halterungen der Linsen sitzen oben und unten jeweils in Führungsschienen und können so beim Tragen einfach durch Hin- und Herbewegen per Nasenrücken zurechtjustiert werden, bis sie mittig sitzen. Eine Tiefenanpassung in Bezug auf den Abstand der Linsen zum Display ist hingegen nicht vorgesehen, aber beim vorliegenden Modell auch nicht wirklich nötig.
Die freie Sicht in die VR-Welt ist somit recht gut – und scharf! Ein breites und großes Sichtfeld eröffnet sich dem Benutzer, vergleichbar mit dem der Oculus Rift. Die genaue Größe wird dabei nur von der Displaybreite und Höhe des eingesetzten Smartphones bestimmt. Das getestete HTC One etwa lieferte ein etwas schmaleres und niedrigeres Sichtfenster als das der Oculus Rift, kompensierte dies aber mit einer deutlich schärfere Auflösung, was angesichts des HD-Displays (960 Pixel * 1080 Pixel pro Auge = 1920×1080 Pixel) nicht verwundert. Beste Ergebnisse sind im Moment wohl mit dem Galaxy S4 zu erwarten, dass mit einem HD-Display in 5 Zoll aufwarten kann und somit die größte Sehfläche bietet. Das gute Seherlebnis der Vrase ist nicht zuletzt auch den großen Linsen zu verdanken – diese sind laut Hersteller im Prototypen handgemacht und somit noch teuer in der Herstellung, sollen aber für das finale Produkt überarbeitet werden.
Ein paar Kinderkrankheiten finden sich beim Prototypen allerdings auch noch – so passte etwa die Gesichtsform der Brille noch nicht so recht und drückte nach einigen Minuten schmerzlich auf die Augenwülste, trotz des gepolsterten Kunststoffs. Auch ist die Halterung des Einschubs für das Smartphone noch nicht ganz fertig- statt eines klappbaren Schliessmechanismus, der das Smartphone in der Brille hält, liegt unserer Version noch ein einfacher Kunststoffstreifen bei, der den Schlitz wie eine Guillotine von oben schliesst und somit das Smartphone fixiert – oder besser gesagt fixieren sollte, denn auch hier gibt es noch zuviel Platz zwischen dem Plastik und dem eingeschobenen Handy, sodass das Smartphone bei größeren Kopfbewegungen noch rappelt. Eine einfache Einlage aus weichen Kunststoff sollte aber das Problem lösen können, und natürlich sind entsprechende Änderungen zum finalen Produkt zu erwarten laut dem Hersteller.
Zusammengefasst ist die Vrase ein vielversprechendes Konzept, welches einige Detailfragen auch deutlich besser löst als die Durovis Dive – so sind etwa die größeren Linsen und das einfacher anzupassende Einstellungssystem ein großes Plus. Auch erhöht das geschlossene Gehäuse deutlich die Immersion in die virtuellen Welten, in dem es das Außenlicht effektiv abschirmt. Insgesamt hat die Vrase für einen leicht erhöhten Preis (ca. 65€ zzgl. Portokosten) hardwaremäßig auch mehr zu bieten als die Durovis Dive. Ob dieser Vorsprung auch ausreichen wird um die Android-basierte Lösung der Oculus Rift zu schlagen, die gerade von John Carmack entwickelt wird, wird sich aber noch zeigen müssen.
Denn: Neben der reinen Hardware-Seite gibt es auch noch die Software – ohne entsprechenden Content ist die beste VR-Brille nichts wert. Und genau da hapert es leider noch – die Vrase bietet kein irgendwie geartetes SDK zur Entwicklung eigener Apps an, sondern verweist auf Tools wie Unity und Marmelade, ohne zu erläutern, wie man diese für die Vrase anpassen kann. Bei der Durovis hingegen gibt es im Rahmen des SDKs unter anderem etwa ein sogenanntes Prefab für das beliebte 3D-Entwicklungstool Unity, das die Erstellung der stereoskopischen Kameraansicht erleichtert. Diese Lösung lässt sich sicher auch für die Vrase nutzen, nur stünde es dem Hersteller weitaus besser zu Gesicht, hier eine eigene Lösung anzubieten.
Auch allgemein betrachtet ist die Situation an der App-Front alles andere als rosig – es gibt zur Zeit grade mal eine Handvoll spezieller VR Apps, und keine davon ist wirklich gut, egal ob für die iOS- oder Android-Plattform. Aber dazu mehr in einem gesonderten Artikel …
hi daniel.kann man den noch irgendwo bestellen?
Heyho, der Artikel ist nicht von mir, er wurde von Christophe Leske geschrieben (aka multimedial) ;)
Aber um auf deine Frage zu antworten: Nein, im Moment ist eine (vor-)Bestellung noch nicht möglich
Gruß, Daniel
Wann wird sie ungefähr (vor)Bestellbar sein?